Es war eine Hochzeit mit kleinen Ungenauigkeiten: Die angehende Grafikerin Renate Mahl vereinte fast 50 Jahren die Symbolik von Haßlinghausen und Niedersprockhövel.

Die Stadt Sprockhövel ist noch recht jung. Erst Anfang 1970 bekam sie die Stadtrechte und ihr heutiges Gesicht mit den sechs Stadtteilen, die vor den kommunalen Neugliederungen noch eigenständige, amtsangehörige Landgemeinden waren. Kaum war das geklärt, stand die nächste Herausforderung an: Wie soll das neue Stadtwappen aussehen? Denn bis es seine jetzige Form hatte war es ein kleines Abenteuer, das über zwei Jahre andauerte und bei dem sogar der Heimatverein Ennepetal mitmischte. Die eingereichten Vorschläge reichten von klassisch bis kreativ. Wie wäre es zum Beispiel mit einem großen S für Sprockhövel, das eine Faust nach oben streckt? Mit einem stilisierten Autobahnkreuz? Ein Hahn? Ein Zahnrad? Manchen Vorschlägen hing gleich eine Honorarforderung an. Ein Bürger forderte 500 D-Mark für seinen Vorschlag.

Der Tradition treu geblieben

Schließlich blieb Sprockhövel der Tradition treu: „Das Wappen zeigt in Gold (gelb) unter einem zweiblättrigen grünen Haselzweig mit drei roten Früchten, einen blauen Dreiberg mit schwarzem, Gold (gelb) eingefasstem und mit silbernem (weißem) Hammer und Schlägel in Form eines Andreaskreuzes belegtem Stollenmundloch. – Verliehen durch die Urkunde des Regierungspräsidenten Arnsberg vom 21. Februar 1973.“

Das neue Wappen gestaltete Renate Mahl, angehende Grafikdesignerin und damals gerade mal 16 Jahre alt. Sie orientierte sich an den alten Wappen von Haßlinghausen und Niedersprockhövel und meisterte die „unendliche Schwierigkeiten, die sich bei der Verwendung schon vorhandener Wappen ergeben“, hieß es aus Ennepetal. Der Haselzweig stammt aus dem Wappen des ehemaligen Amtes Haßlinghausen. Der untere Teil entstammt dem älteren Wappen der Gemeinde Niedersprockhövel: Der Dreiberg symbolisiert den Namen Sprockhövel aus dem altniederdeutschen Huvel oder Hövel für Hügel. Das stilisierte Stollenmundloch enthält die Werkzeuge des alten Bergbaus, Schlägel und Eisen. Als Aufwandsentschädigung bekam Renate Mahl, die heute in Süddeutschland lebt, 500 D-Mark. Der Bürger, der seinen Vorschlag samt Ansprüche einreichte, lag also gar nicht mal so falsch mit seinem Kostenvoranschlag.

Alles hatte mit einem Vorstoß der SPD angefangen, über den die WAZ erstmals am 15. Januar 1971 berichtete. Die Stadt, an deren Spitze Bürgermeister Hans Käseberg und Stadtdirektor Fritz Schofeld standen, sollte ein eigenes Wappen bekommen. Nach einigen Vorschlägen, an denen sich auch Bürger beteiligten, und nach einem kurzen Hin und Her mit Staatsarchiv Münster, dem heutigen Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen, war ein Entwurf gefunden.

Name geht auf Bauernsippe zurück

Dass es so lange dauerte, hatte einen Grund: Es war die Hasel, die eigentlich nichts mit Haßlinghausen zu tun hat – auch wenn die Silbe Haß- diese Deutung nahe legt. Vielmehr ist der Name auf eine Bauernsippe zurückzuführen. „Der Haselnusszweig von Haßlinghausen ist nicht nur überflüssig, sondern fehl am Platze, da die Hofnamen, die auf –inghausen lauten (Haßlinghausen, Hiddinghausen, Leveringhausen) patronymische Namen sind“, meldete sich der Heimatverein Ennepetal zu Wort. Auch der Sprockhöveler Geograf Diethelm Düsterloh schlug in diese Kerbe und wandte sich an Stadtdirektor Fritz Schofeld: „Man sollte einen Irrtum in der Deutung des Namens nicht durch das Wappen dauernd öffentlich demonstrieren und fortschleppen.“ Dem Stadtarchiv war dieser Irrtum durchaus bewusst. Doch die Hasel konnte als Symbol für die Rechtsnachfolge Sprockhövels von Haßlinghausen beibehalten werden. Eine Kleinigkeit sollte dabei nicht außer Acht gelassen werden: Auch im Wappen von Niedersprockhövel hat sich mit den drei blauen Wacholdern, die für das neue Sprockhöveler Wappen außer Acht gelassen wurden, ein Fehler eingeschlichen. Wenngleich das altniederdeutsche Huvel oder Hövel für Hügel steht und auf dem Wappen mit dem Dreiberg symbolisch dargestellt wird, hat Sprock dagegen recht wenig mit Wacholder zu tun. „Mit dem Wort wurden trockene Zweige und Reisig beschrieben“, erklärt der Sprockhöveler Eike Pies. Er ist Historiker, Journalist, Schriftsteller, Verleger, Museumsstifter, Vereinsgründer – und Heraldik-Fachmann. Einen Vorteil hatte die falsche Deutung: Wacholder sind optisch ansprechender, als ein Haufen trockener Zweige. Das ist wohl unbestreitbar.

Quelle:WAZ.de

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